Leerstand 2025: Warum stehen Wohnungen leer trotz Wohnungsnot?
Steigende Mieten, lange Wohnungssuchen und überlastete Kommunen prägen die öffentliche Debatte. Gleichzeitig zeigt die Statistik: In Deutschland stehen weiterhin viele Wohnungen leer. Für viele wirkt das paradox. Doch Leerstand ist selten ein Zeichen von Überangebot – vielmehr offenbart er Schwächen im System. Warum werden diese Wohnungen nicht vermietet? Und was bedeutet das für Städte wie Kassel?
Wie groß ist das Leerstandsproblem wirklich?
Nach Angaben des Zensus 2022 standen bundesweit rund 1,9 Millionen Wohnungen leer, das entspricht etwa 4,5 % des Wohnungsbestands. Fachinstitute wie das BBSR bewerten einen Leerstand von etwa 2–3 % als marktüblich, um Umzüge und Renovierungen zu ermöglichen. Alles darüber hinaus gilt als strukturell problematisch.
Auffällig ist die regionale Verteilung:
- In Großstädten herrscht fast durchgehend Wohnungsknappheit.
- In ländlichen Räumen und schrumpfenden Regionen sind Leerstandsquoten teils deutlich höher.
Leerstand ist damit kein einheitliches Phänomen, sondern stark standortabhängig.
Die häufigsten Gründe für Leerstand
Ein Großteil leerstehender Wohnungen ist nicht kurzfristig vermietbar. Gründe dafür sind vielfältig:
Ein zentraler Faktor ist der Sanierungsstau. Viele Wohnungen sind energetisch oder technisch in einem Zustand, der eine Vermietung wirtschaftlich unattraktiv macht. Steigende Baukosten und unsichere Förderbedingungen führen dazu, dass Eigentümer notwendige Investitionen aufschieben.
Hinzu kommen rechtliche und emotionale Hemmnisse. Gerade private Eigentümer scheuen das Vermietungsrisiko, etwa aus Angst vor Mietausfällen, Regulierung oder langwierigen Streitigkeiten. Das betrifft besonders ältere Eigentümer oder Erbengemeinschaften.
Ein weiterer Punkt ist der spekulative Leerstand, vor allem in Wachstumsregionen. Wohnungen werden bewusst freigehalten, um auf Wertsteigerungen oder Umnutzung zu warten. Dieser Anteil ist bundesweit zwar vergleichsweise gering, sorgt lokal aber für politischen Druck.
Politische Instrumente – mit begrenzter Wirkung
Viele Kommunen versuchen, gegen Leerstand vorzugehen. Dazu zählen Zweckentfremdungssatzungen, Wohnraumschutzgesetze oder kommunale Leerstandskataster. Doch diese Instrumente greifen nur begrenzt.
Zum einen fehlt häufig Personal für Kontrolle und Durchsetzung. Zum anderen lösen Verbote allein nicht das Kernproblem: fehlende Wirtschaftlichkeit. Ohne Förderanreize oder Planungssicherheit bleibt Leerstand oft bestehen.
Fachverbände plädieren daher zunehmend für einen aktivierenden Ansatz: Beratung, Zuschüsse für Sanierung und Unterstützung bei Vermietung statt reiner Sanktionierung.
Kassel und Nordhessen: Ein differenziertes Bild
In Kassel ist der Leerstand insgesamt moderat, aber ungleich verteilt. Während innenstadtnahe Lagen kaum Leerstände aufweisen, finden sich in einzelnen Randlagen oder älteren Gebäudestrukturen ungenutzte Wohnungen – häufig wegen Sanierungsbedarf.
Im ländlichen Nordhessen ist Leerstand sichtbarer, vor allem in Ortskernen mit Abwanderung. Gleichzeitig besteht dort Potenzial: Durch Umnutzung, Teilmodernisierung oder neue Wohnformen könnten diese Gebäude wieder aktiviert werden.
Die Stadt Kassel setzt daher verstärkt auf Bestandsaktivierung, Quartierskonzepte und Beratung statt reiner Regulierung.
Warum Neubau allein nicht reicht
Der Fokus auf Neubau greift zu kurz. Selbst wenn mehr gebaut wird, bleibt der bestehende Leerstand ein ungenutztes Potenzial. Studien zeigen: Die Reaktivierung von Bestandswohnungen ist oft schneller und günstiger als Neubau – vorausgesetzt, Förderungen und Verfahren sind praxistauglich.
Gerade energetische Sanierung, Nachverdichtung und Umnutzung können Leerstand abbauen und gleichzeitig Wohnraum schaffen, ohne neue Flächen zu versiegeln.
Fazit
Leerstand und Wohnungsnot schließen sich nicht aus. Sie existieren parallel, weil Markt, Regulierung und Förderlogik nicht immer zusammenpassen. 2025 wird klar: Wer Wohnraum schaffen will, muss nicht nur bauen, sondern vorhandene Potenziale aktivieren.
Für Kassel und Nordhessen liegt hier eine echte Chance – durch gezielte Sanierung, Beratung und flexible Nutzungskonzepte. Leerstand ist kein Randthema, sondern ein zentraler Hebel der Wohnungspolitik.
Eigentümer sollten prüfen, ob Förderprogramme eine Reaktivierung wirtschaftlich machen. Kommunen sind gefragt, Beratung und Anreize auszubauen – denn jede wieder bewohnte Wohnung entlastet den Markt.
Stand: Oktober 2025. Bitte aktuelle Daten aus Zensus, Landesstatistik und kommunalen Wohnungsmarktberichten prüfen.
Quellen
- Statistisches Bundesamt: Zensus 2022 – Wohnungsleerstand – destatis.de
- Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR): Leerstand und Wohnungsmarkt – bbsr.bund.de
- Deutscher Städtetag: Strategien gegen Wohnungsleerstand – staedtetag.de
- Umweltbundesamt: Bestandssanierung und Flächenschutz – umweltbundesamt.de
- Stadt Kassel: Wohnungsmarkt & Quartiersentwicklung – kassel.de
